Viel mehr als Employer Branding

Die Gesellschaft in Deutschland altert – mit Auswirkungen für die Arbeitswelt, die schon heute spürbar werden. Doch nicht nur der allseits zitierte Arbeitskräftemangel gibt Anlass für Unternehmen, sich mit dem Thema Personal und Unternehmenskultur noch inten- siver zu beschäftigen. Es gilt, Raum für Leistung zu schaffen, um die besten Mitarbeiter für das eigene Unternehmen zu gewinnen und seine Wettbewerbsposition zu stärken. Mittelständische und inhabergeführte Unternehmen, wie sie für den PVH typisch sind, haben dabei gute Chancen, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren.

„Wir haben es ganz eindeutig mit einem Arbeitnehmermarkt zu tun – und das wird sich auf absehbare Zeit nicht mehr ändern“, bringt es Bettina Jakobi, Geschäftsführerin Personal des E/D/E, auf den Punkt. Im Wettbewerb um die besten Köpfe konkurriert der Mittelstand mit Großunternehmen, die oft wesentlich mehr Geld und Zeit investieren können – und per se bereits über eine höhere Bekanntheit verfügen. Umso wichtiger ist es daher, mit Ausdauer und Kontinuität am eigenen Image und der Sichtbarkeit als Arbeitgeber zu arbeiten. Doch Employer Branding ist nur der sichtbare Teil einer dahinterliegenden essenziellen unternehmerischen Aufgabe.

Werte entwickeln

Hinter dem Begriff an sich verbirgt sich die Intention, mit durchgängigen Konzepten als Arbeitgeber an Attraktivität und Bekanntheit zu gewinnen. „Dabei bildet Employer Branding den sichtbaren letzten Schritt eines längeren Prozesses“, sagt Dr. Sören Kiefer, Leiter der E/D/E Akademie : „Im Kern geht es dabei um die Kommunikation von Werten. Bevor Unternehmen damit beginnen können, haben sie aber erst einmal genau diese Werte für sich zu identifizieren und weiterzuentwickeln.“

Vorteile im Mittelstand

Der Austausch beispielsweise in den E/D/E Business NETZWERK Gruppen kann dazu wertvolle Impulse geben, ebenso wie unternehmensinterne Workshops. „Entscheidend ist es bei allem, authentisch und ehrlich zu sein sowie in der Kommunikation mit Mitarbeitern und potenziellen Bewerbern kontinuierlich am Ball zu bleiben“, so Dr. Kiefer weiter. Mittelständische, inhabergeführte Unternehmen haben dabei einige Vorteile auf ihrer Seite: Der Kontakt zu den Beschäftigten ist hier viel enger und persönlicher als in Konzernstrukturen. „Diese Stärke und weitere Alleinstellungsmerkmale können viele Unternehmen noch offensiver nutzen“, unterstreicht Dr. Kiefer weiter. Bei der Entwicklung einer Arbeitgebermarke geht es aber nicht nur darum, neue Mitarbeiter zu finden, sondern vor allem die Mitarbeiterbindung der vorhandenen Belegschaft zu steigern. Dr. Kiefer: „Genau genommen ist der Begriff nicht ganz treffend: Mitarbeiter lassen sich nicht binden – sie binden sich aus eigener Überzeugung an ein Unternehmen.“

Geld ist nicht alles

Eine faire, leistungsgerechte Vergütung spielt dabei eine wesentliche Rolle, ist aber bei Weitem nicht das alleinige Argument. Das Teilen gemeinsamer Werte und emotionale Aspekte tragen ebenfalls dazu bei, dass Mitarbeiter ihrem Arbeitgeber verbunden sind. Eine aktuelle Umfrage mit erstaunlichem Resultat bestätigt dies: Demnach würden mehr als 70 Prozent der deutschen Büroangestellten auf einen Teil ihres Gehalts verzichten, wenn sie sich am neuen Arbeitsplatz glücklicher fühlen würden – so der „Work-Happiness-Report 2023 “. Mit einer gelebten Unternehmenskultur, mit Wertschätzung und Offenheit im Miteinander können Chefs innerhalb der Belegschaft zu mehr Zufriedenheit beitragen.

Das Thema Weiterbildung steht bei Arbeitnehmern ebenfalls an vorderer Stelle, wenn es um die Frage nach einem guten Arbeitsplatz geht. Auch für die Unternehmen selbst wächst, im Zusammenhang mit der Transformation der Wirtschaft und Arbeitswelt, die Bedeutung von passgenauen Qualifizierungsmaßnahmen, wie sie das E/D/E durch die AKADEMIE oder über die E/D/E Stiftung und das ZHH-Bildungswerk seit vielen Jahren für den PVH anbietet. Um sich im ersten Schritt dabei auch selbst weiterzuentwickeln, engagiert sich das E/D/E in der Initiative ZUKUNFiT des Mittelstandsverbunds ZGV. Sören Kiefer: „Wie im E/D/E Verbund geht es bei dieser Kooperation der Kooperationen darum, an den Herausforderungen, vor denen viele von uns stehen, gemeinsam zu arbeiten und Wissen zu teilen.“

Bindung in vier Dimensionen

Wenn es um Zufriedenheit mit einem Arbeitsplatz geht, lassen sich vier Ebenen unterscheiden:

  • Die perspektivische Bindung, die sich in individuellen Aufstiegs- und Qualifizierungsmöglichkeiten widerspiegelt
  • Die emotionale Bindung mit einer sinnstiftenden Tätigkeit und gefühlter Wertschätzung
  • Die normative Bindung mit einer gemeinsamen Werte-Basis und einer Vision für das Unternehmen
  • Schließlich die rationale Bindung mit Aspekten wie Vergütung, Bonussysteme, Arbeitszeitregelungen und weitere geldwerte Mitarbeitervorteile

Arbeitgebern steht eine Vielfalt an Möglichkeiten zur Verfügung, um möglichst alle vier Dimensionen ausgewogen abzubilden, denn nur mit mit Geld lassen sich Defizite in anderen Bereichen nicht ausgleichen. Eine Blaupause gibt es nicht, und die ist auch nicht wünschenswert. Ziel muss es sein, ein eigenes Profil zu entwickeln und sich darüber von den Wettbewerbern zu differenzieren. Zusätzlich gibt Dr. Kiefer eine Reihe konkreter Handlungsempfehlungen für Unternehmen, die personelle Engpässe zu überwinden haben:

  • Bei Einstellungskriterien mehr Flexibilität zeigen
  • Stellenbezogene Soft skills in den Vordergrund stellen
  • Kompetenzen und Talente statt Abschlüsse überprüfen
  • Nicht-lineare Lebensläufe als Realität akzeptieren
  • Schlummernde Potenziale von Mitarbeitern erkennen und wecken
  • Interne Wechsel als Chance erkennen
  • Noch mehr Flexibilität und Chancen für Mütter und Väter
  • Altersteilzeitmodelle implementieren
  • Kreativität fördern, den Menschen mehr in den Mittelpunkt rücken
  • Aus- und Weiterbildung fördern und Freiraum dafür schaffen


Die Zielgruppe Ü50

Bettina Jakobi richtet den Blick zudem auf erfahrene Mitarbeiter: „Arbeitgeber sollten nicht unterschätzen, wie viel Offenheit gerade die Generation Ü50 für neue Technologien und neue Aufgaben hat. Dieses Potenzial können Unternehmen noch viel besser nutzen, indem sie sich aktiv auf Weiterbildungsangebote für diese Mitarbeitergruppe konzentrieren.“ Spannende Aufgaben und Abwechslung wiederum steigern das Arbeitsglück – und damit die Chance auf eine erfolgreiche Mitarbeiterbindung.

Zurück zu den News